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7 Tesla Ultrahochfeld MRT

 

Durch die fortschreitende Verbesserung der Hardware, der Magnettechnik inklusive Abschirmung, der Entwicklung neuer Spulen und Sequenztechniken konnte mit dem Siemens Magnetom Terra erstmals weltweit die klinische Zulassung eines Ultrahochfeld-Scanners erreicht werden. Die Entwicklung dieses Scanners stellt damit in der Evolution der Feldstärken von 1.5 Tesla über 3 Tesla auf 7 Tesla einen bisher Meilenstein dar. Die ultrahohe Feldstärke erlaubt es erstmals, neben der reinen Morphologie auch funktionelle und metabolische Prozesse des Neuroparenchyms mit hoher Präzision bildgebend darzustellen.

In einer engen Kooperation aus Neuroradiologie und Radiologie sowie MR-Physik (Arbeitsgruppen Prof. Dr. rer. nat. Armin Nagel, Prof. Dr. rer. nat. Frederik Laun und Prof. Dr. rer. nat. Moritz Zaiss) sowie einer einmaligen Entwicklungs- und Forschungskooperation mit Siemens Healthineers ist es zum ersten Mal gelungen, die Entwicklung einer neuen Gerätegeneration komplett an ein Universitäres Klinikum zu verlagern und basierend auf den Erlanger Daten weltweit erste klinische Zulassung für Europa, die USA und China zu erlangen.

Mit der Etablierung der 7T MRT am Standort Erlangen werden bahnbrechende Möglichkeiten für die Erfassung von Zellmetabolismus und Organfunktion in vivo eröffnet. Bislang sind metabolische Messungen auf die Erfassung von Natrium (bei 3T und mit mäßigem Signal-zu-Rauschen-Verhältnis) begrenzt.

Für tiefgreifende Einblicke in die metabolischen Prozesse des Gewebes müssen andere Kerne wie Chlor, Sauerstoff, Kalium und Phosphor messbar werden und in einem translationalen Ansatz in die klinische Bildgebung eingeführt werden.
In zahlreichen hochrangigen Forschungskooperationen mit unseren Partnern aus Klinik und MR-Physik treiben wir diese Entwicklung voran.
Derzeit werden in der morphologischen Darstellung die Grenzen der Auflösung bis in den Submillimeterbereich (200 μm) gesteigert.

 

Methodische Ultrahochfeldforschung
In enger Zusammenarbeit mit den Arbeitsgruppen MR-Physik (Prof. Zaiss, Prof. Nagel und Prof. Laun) entwickeln wir MR-Messtechniken zur Charakterisierung von metabolischen und funktionellen Prozessen. Der Schwerpunkt unserer Forschung liegt bei 7 Tesla hier auf der sogenannten X-Kern MRT. „X“ steht dabei für einen beliebigen Atomkern mit Kernspin, außer 1H.
In unserer Arbeitsgruppe werden Methoden entwickelt, um zum Beispiel in-vivo-Bilder der Natrium (23Na)-, Kalium (39K)-, Chlorid (35Cl)-, Sauerstoff (17O)- oder Phosphor (31P)-Verteilung zu erzeugen. Diese Kerne sind für die medizinische Forschung interessant, da sie in vielen physiologischen Prozessen eine wichtige Rolle spielen. So sind die 23Na-, 39K- und 35Cl-Konzentrationen stark mit dem physiologischen Zustand der Zelle verbunden, und die 17O-MRT kann genutzt werden, um den zellulären Sauerstoffumsatz nichtinvasiv zu untersuchen.
Zur Messung dieser Kerne müssen mehrere Herausforderungen gemeistert werden. Die meisten der X-Kerne weisen einen Kernspin > 1/2 auf und besitzen damit ein elektrisches Kern-Quadrupolmoment, welches zu kurzen transversalen Relaxationszeiten führt. Außerdem ist die in-vivo Konzentration der X-Kerne um mehrere Größenordnungen geringer als die 1H-Konzentration. Die physikalischen Eigenschaften der Quadrupolkerne (z.B. 17O, 23Na, 35Cl, 39K) lassen sich andererseits ausnutzen, um spezielle Bildkontraste (z.B. Triple-Quanten-gefilterte Bildgebung) zu erzeugen.

Eine relativ neue Technik, die wir zur Detektion von metabolischen Prozessen verwenden, ist die Chemical-Exchange-Saturation-Transfer (CEST)-Bildgebung. Darüber hinaus entwickeln wir parallele Sendetechniken (pTx) zur Homogenierung des Sendefeldes bei 7 Tesla und Verfahren zur Visualisierung des arteriellen Blutflusses.

 

Translationale klinische Ultrahochfeldforschung
Obwohl noch immer in einer frühen Phase arbeiten wir mit Nachdruck daran, die überlegene Bildgebungsqualität, die bessere Auflösung sowie die bessere Bildgebung von Stoffwechselprozessen und neuronalen Funktionen in einen Mehrwert für die Patientin bzw. den Patienten übersetzen. Dies erfolgt in enger interdisziplinärer Zusammenarbeit mit der MR-Physik, der Neurologie und der Neurochriurgie.
So können bestimmte Erkrankungen leichter oder früher diagnostiziert werden. Differentialdiagnosen, die im Bild gleich oder sehr ähnlich aussehen, lassen sich eher ausschließen oder bestätigen. Ein konkretes Beispiel dafür ist die Multiple Sklerose (MS), eine Erkrankung, die überwiegend jüngere Erwachsene betrifft. Sie ist chronisch und verläuft klassisch in Schüben. Es gibt mittlerweile sehr effektive Therapeutika, die das Immunsystem beeinflussen und den Krankheitsverlauf verzögern. Mit 7 Tesla sehen wir jetzt kleinste Läsionen besser und können die Krankheit so früher diagnostizieren – ein oft entscheidender Zeitvorteil.
Bei MS gibt es nicht selten Schädigungsmuster in der grauen Hirnsubstanz. Diese Läsionen sind bisher mit 1,5 Tesla schlecht und mit 3 Tesla auch nicht richtig gut zu sehen, doch bei 7 Tesla erkennen wir hier selbst kleinste Läsionen mit einer hervorragenden Auflösung. Gerade bei der frühen Diagnosestellung ist dieser Nachweis sehr wichtig.
Diese Schädigungsmuster der Hirnrinde bei der Multiplen Sklerose kommen bei anderen Erkrankungen, die ansonsten im MRT ähnlich aussehen können, so nicht vor. 7T bietet damit Vorteile in der Differentialdiagnostik dieser Erkrankungen. Zudem gibt es in diesen Läsionen häufig ein Blutgefäß, eine „zentrale Vene“, die man bei 7 Tesla sehr gut ausmachen kann und die damit einen Biomarker in der MS-Diagnostik darstellen kann.
Insgesamt zeigt sich also bei der MS schon in der sehr frühen Phase der klinischen Anwendung ein deutlicher Mehrwert für den einzelnen Patienten.

Epilepsie ist ebenfalls eine häufige Erkrankung. In Deutschland werden rund 500.000 Menschen ärztlich betreut, es gibt 38.000 Neuerkrankungen im Jahr. Rund 30 Prozent der Epilepsiepatientinnen bzw. Epilepsiepatienten mit einer fokalen Epilepsie werden trotz maximaler medikamentöser Behandlung nicht anfallsfrei.
Die Epilepsiechirurgie, ein Spezialbereich der Neurochirurgie, kann gezielt den epileptischen Anfallsherd, also den Fokus, der den Anfall auslöst, entfernen und damit diese Patientinnen und Patienten mit einer hohen Erfolgschance von circa 80 Prozent heilen. Voraussetzung dafür ist aber die Lokalisation des Anfallsherdes. Hier kommt der 7T MRT eine Schlüsselrolle in der Detektion epileptogener Läsionen zu.

Das gilt insgesamt auch für die Neurotraumatologie, zum Beispiel beim Schädel-Hirn-Trauma oder bei Rückenmarksverletzungen oder Erkrankungen, die mit Veränderungen im Hirnstoffwechsel oder mit einer Demenz einhergehen. Mittels suszeptibilitätsgewichteter Bildgebung (SWI) bei 7 Tesla konnten wir einen neuen Bildgebungsmarker zur Diagnostik der Parkinsonerkrankung, der die Ultrastruktur der Substantia nigra erfasst, näher charakterisieren und in Abgrenzung zum Gesunden für die klinische Anwendung besser nutzbar machen.

In Kooperation mit der Neurochirurgischen Klinik erfolgt die Entwicklung und Validierung hochaufgelöster morphologischer und funktioneller Sequenzen zur präoperativen Darstellung von Mikro- und Makroadenomen der Hypophyse in Korrelation zum intraoperativen Befund. Ziel ist die exakte präoperative Darstellung der Tumorausbreitung in den Sinus cavernosus sowie die dortige Lagebeziehung des Tumors zu Hirnnerven und Gefäßen wie auch der verbesserte Nachweis kleinster Adenome mittels dynamischer Anflutung.  

Ziel unserer translationalen Forschung ist es, das bahnbrechende Potential der Ultrahochfeldbildgebung in die klinische Routinebildgebung zu integrieren und unseren Patienten einen unmittelbaren Nutzen durch verbesserte Diagnostik zu ermöglichen. 

 

Auswahl „Klinische 7T-Projekte“

Multiple Sklerose
Bei Multipler Sklerose sollen  reproduzierbare, unabhängige und sensitive Bildgebungsmarker validiert werden, die es erlauben, klinische Studien zur progredienten MS in Zukunft in kürzerer Zeit und mit weniger Ressourcen durchzuführen und die für Verlaufs- und Therapiemonitoring zeitnah auch in die klinische Routine überführt werden können. Mittels Ultrahochfeld-MRT werden dafür Surrogatparameter (QSM, CEST, Myelin-Wasser-Bildgebung, Na-Bildgebung, K-Bildgebung) bei MS-Patientinnen und MS-Patienten in Korrelation zum klinischen Verlauf validiert („outcome measures“). Die Na- und K-Messungen sind von der Deutschen MS-Gesellschaft gefördert. Es besteht zudem eine Industrieförderung durch die Novartis AG

Glaukom
Hierbei ist das Ziel, pathologische Proteinablagerungen im Gehirngewebe bei Pseudoexfoliatoinsglaukom (PEXG) mit molekularer CEST-MRT nachzuweisen, die Wirkung dieser Proteine auf die neuronale und axonale Integrität und resultierenden Zelluntergang mittels Na-Bildgebung zu messen und die Schädigung entlang der intrakraniellen Sehbahn mittels Diffusions-MRT zu erfassen. Anhand von molekularen CEST- und Na-MR-Signaturen und strukturellen Diffusionsstörungen sollen PEX-Subtypen charakterisiert werden. Bildgebungs-Marker werden mit ophthalmologischen Messungen zu Schweregrad der Erkrankung und funktionellen Einschränkungen mit Bezug zur Pathoanatomie und dem Ort der Schädigung der Sehbahn in einem hollistischen Ansatz korreliert.

M. Parkinson und Multisystematrophie
Vom idiopathischen Parkinsonsyndrom (IPS) können atypische Parkinsonsyndrome unterschieden werden. Die atypischen Parkinsonsyndrome zeichnen sich durch einen rasch progredienten Verlauf sowie eine schlechtere Prognose aus. Klinisch ist eine zuverlässige bildgebende Diagnostik zur frühen Detektion und Differenzierung dieser Entitäten wünschenswert. Hierbei kann die Ultrahochfeld-MRT mit hochaufgelösten morphologischen Sequenzen und neuen Bildkontrasten zur direkten Visualisierung beispielsweise der Substantia nigra die frühe Differentialdiagnostik verbessern. Darüberhinaus werden mittels QSM (quantitative susceptitibility mapping) Patientinnen und Patienten mit IPS sowie atypischen Parkinsonsyndromen mit altersgematchten Kontrollprobanden verglichen, um so Surrogatparameter für die bildgebende Diagnostik der Erkrankungen herauszuarbeiten.

Epilepsiediagnostik
In Kooperation mit dem Epilepsiezentrum erfolgt eine Evaluierung der multimodalen Diagnostik mittels 3 und 7 Tesla Hochfeld-MRT (morphologische Hochfeld-MRT, funktionelle MRT, MR-Spektroskopie, Diffusions-Tensor Bildgebung, MR-Volumetrie und voxelbasierte Morphometrie) und physiologischer Parameter (EEG, MEG, WADA-Test, SPECT, PET) in der prächirurgischen Lokalisationsdiagnostik epileptogener Hirnareale.

Diagnostik von Hypophysenadenomen
In Kooperation mit der Neurochirurgischen Klinik erfolgt die Entwicklung und Validierung hochaufgelöster morphologischer und funktioneller Sequenzen zur präoperativen Darstellung von Mikro- und Makroadenomen der Hypophyse in Korrelation zum intraoperativen Befund. Ziel ist die exakte präoperative Darstellung der Tumorausbreitung in den Sinus cavernosus sowie die dortige Lagebeziehung des Tumors zu Hirnnerven und Gefäßen wie auch der verbesserte Nachweis kleinster Adenome mittels dynamischer Anflutung.

Ansprechpartner: Prof. Dr. med. Arnd Dörfler, PD Dr. med. Manuel Schmidt

Auswahl Literatur:
Lachner S, Ruck L, Niesporek SC, Utzschneider M, Lott J, Hensel B, Dörfler A, Uder M, Nagel AM. Comparison of optimized intensity correction methods for (23)Na MRI of the human brain using a 32-channel phased array coil at 7 Tesla. Z Med Phys. 2020 May;30(2):104-115. doi: 10.1016/j.zemedi.2019.10.004.

Rösch J, Mennecke A, Knott M, Dörfler A, Grodzki DM. Quiet FLAIR at 7T MRI. Invest Radiol. 2020;55:722-726.

Liebert A, Zaiss M, Gumbrecht R, Tkotz K, Linz P, Schmitt B, Laun FB, Doerfler A, Uder M, Nagel AM. Multiple interleaved mode saturation (MIMOSA) for B1 + inhomogeneity mitigation in chemical exchange saturation transfer. Magn Reson Med. 2019 Aug;82(2):693-705. doi: 10.1002/mrm.27762.

Meixner CR, Liebig P, Speier P, Forman C, Hensel B, Schmidt M, Saake M, Uder M, Dörfler A, Heidemann RM, Schmitter S, Nagel AM. High resolution time-of-flight MR-angiography at 7 T exploiting VERSE saturation, compressed sensing and segmentation. Magn Reson Imaging. 2019;63:193-204.

Schmidt M.A., Knott M., Heidemann M., Michelson G., Kober T., Doerfler A., Engelhorn T. Investigation of lateral geniculate nucleus volume and diffusion tensor imaging in patients with normal tension glaucoma using 7 tesla magnetic resonance imaging. PLoS One 2018 13(6): e0198830

Schmidt MA, Engelhorn T, Marxreiter F, Winkler J, Lang S, Kloska S, Gölitz P, Dörfler A. Ultra high-field SWI of the substantia nigra at 7T: reliability and consistency of the swallow-tail sign. BMC Neurol. 2017 Oct 26; 17(1):194.