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Neuroonkologie

 

In enger Kooperation mit unseren klinischen Partnern, der Strahlenklinik, der Neurochirurgischen und Neurologischen Klinik und der klinischen Medizinphysik ist das übergeordnete Ziel unserer neuroonkologischen Forschung, die Tumorbiologie von Hirntumoren umfassend bildgebend zu erfassen und die Ergebnisse in einem translationalen Ansatz für eine bessere Diagnose und Differentialdiagnose und das Therapiemonitoring zu nutzen.
Multiparametrische Bildgebungsverfahren wie die spezielle Diffusions-, Perfusions- und quantitative (suszeptibilitätsgewichtete) MRT-Bildgebung ermöglichen dabei eine „state-of-art“ Betreuung unserer Patientinnen und Patienten hinsichtlich Erstdiagnose (Befundeinordung, „Differentialdiagnose“) und insbesondere in der zuverlässigen Verlaufsbeurteilung von Hirntumoren.

 

Multiparametrische MRT
Die multiparametrische Hochfeld-MRT kann zum Beispiel Neovaskularisation, Wachstumsdynamik und Metabolismus (Nekrose, Progression, Pseudoprogression, Pseudo-Response) von Hirntumoren charakterisieren. Der multiparametrische Ansatz ermöglich es dabei sogar, „Imaging-Biomarker“ für die pathophysiologischen Prozesse auf zellulärer Ebene zu identifizieren. Aufbauend auf unseren umfangreichen experimentellen und klinischen Vorarbeiten nutzen wir für den Transfer der Ergebnisse in die klinische Anwendung auch innovative KI-Verfahren.

 

Radiomics
Die Analyse und Kombination von quantitativen Bildmerkmalen (sog. „Radiomics“) ermöglicht hierbei u.a. eine zuverlässigere bildgebende Charakterisierung (Diagnose und Grading) von Hirntumoren. Zum Beispiel können wir Glioblastome von zerebralen Lymphomen mit einer Genauigkeit von 96% differenzieren, obwohl diese Tumorentitäten in den konventionellen  MRT-Kontrasten gleich aussehen können.

 

MRT-basierte, nichtinvasive Darstellung der Mikrovaskulatur und des Metabolismus von Hirntumoren
Blutgefäße spielen eine entscheidende Rolle im Entwicklungsverlauf bösartiger Tumore. Im frühen Stadium der Tumorentwicklung wachsen die meisten Läsionen avaskulär bis ein Gleichgewicht zwischen Proliferation und Apoptose erreicht ist, danach setzt meist Neoangiogenese ein. Der Grad der Vaskularisierung korreliert dabei mit der Tumoraggressivität sowie schlechter Prognose beziehungsweise Outcome. Eine Beurteilung der Architektur des Tumorgefäßbetts ist daher von hoher Relevanz für die klinische Beurteilung und der Therapieplanung von Hirntumoren. In interdisziplinärer Zusammenarbeit mit der Neurochirurgischen Klinik und mit finanzieller Unterstützung der Deutschen Forschungsgemeinschaft und internationaler Beteiligung konnten neue Strategien der MRT-Bildgebung und der Bildverarbeitung zur Darstellung der Neovaskularisation von Hirntumoren entwickelt werden. So können neuartige Bewertungsstrategien von MR-Perfusionsdaten und neue MRI-Biomarker etabliert werden, die detailliertere Einblicke in die Komplexität und Heterogenität vaskulärer Veränderungen bei Hirntumoren liefern. Erste Ergebnisse von Untersuchungen bei Patienten mit rezidivierenden Glioblastomen während einer antiangiogenen Monotherapie (Bevacizumab) zeigen dabei, dass die frühe Reaktion (nach einem Monat) auf Bevacizumab durch die Reduktion der kleineren Mikrovaskulatur (etwa 10 μm) dominiert wird. In der 3-Monats-Kontrolle zeigt sich bei den Tumoren zusätzlich eine Reduktion der größeren Mikrovaskulatur (> 20 μm).

Hypoxie ist ein bekannter Auslöser der Neovaskularisation. Es besteht eine starke Beziehung zwischen der Neubildung von Tumorvaskulatur, der Sauerstoff- und Nährstoffversorgung und den Pfaden des Energiestoffwechsels (Warburg Effekt). In enger Zusammenarbeit mit der Klinik für Neurochirurgie konnten wir in einem gemeinsamenen Projekt zur Korrelation von Sauerstoffmetabolismus und Neovaskularisierung zeigen, dass diese beiden Faktoren verglichen mit anderen, herkömmlichen bildgebenden Biomarkern am besten für die Differenzierung des IDH1-Genmutationsstatus bei anaplastischen Gliomen geeignet ist.
Auch bei der Differenzierung von Therapiefolgen (Pseudoprogress) und wahrem Tumorprogress von hochmalignen Gliomen sind diese Techniken in Ergänzung zur Perfusionsbildgebung äußerst hilfreich.

Darüberhinaus ermöglicht CEST MRT die Bildgebung von Molekülen mit verschiedenen austauschenden Gruppen, wie Amidprotonen (-NH), Guanidyl-Protonen (-NH2) oder Hydroxylprotonen (-OH), sowie auch dipolar gekoppelte aromatische und aliphatische Gruppen (CHn). Damit entsteht die Möglichkeit einer völlig neuen nicht-invasiven Bildgebung von intrinsischen Proteinen und Metaboliten von malignen Gliomen, die wir derzeit auf ihr Potential in der klinischen Bildgebung überprüfen.

Ansprechpartner:
PD Dr. med. Manuel SchmidtProf. Dr. rer. nat. Moritz Zaiss

Auswahl Literatur:
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